Weit im Norden, wo die Bergspitzen den Himmel berührten, erstreckte sich ein dichter Wald. Die Baumwipfel funkelten smaragdgrün. Die Luft war erfüllt von frischen Düften, da sich das Laub und die feuchte Erde mit dem kühlen Duft ferner Seen vermischten. Es war Herbst, aber die Sonne schickte noch warme Strahlen auf die Erde. Die Waldbewohner waren fleißig am Sammeln, um sich auf den Winter vorzubereiten. Die Eichhörnchen huschten flink durch die Äste, sammelten Nüsse und Eicheln, die Hasen füllten ihre winzigen Körbe mit frischen Pilzen und Gemüse, und die Igel trugen auf dem Rücken schöne rote Äpfel. Jeder versuchte, genügend Nahrung für die kalten Monate zu sammeln.


Eine fröhliche Atmosphäre herrschte im Wald. Vögel zwitscherten, Eichhörnchen jagten einander und Hasen hüpften fröhlich im Gras. Alle genossen die letzten warmen Sonnenstrahlen und das reichhaltige Essen. Aber diese friedliche Atmosphäre änderte sich bald.

Ein riesiger Bär zog in eine Höhle am Rande des Waldes. Er verbrachte den ganzen Tag damit, eifrig nach Nahrung zu suchen. Seine Größe und sein lautes Knurren machten ihn sehr furchterregend. Er kümmerte sich nicht um die anderen Tiere, verschlang gnadenlos ihre wenigen gesammelten Vorräte und vertrieb sie von den Orten, an denen sie Nahrung finden konnten. Die Waldbewohner begannen, den Bären zu fürchten. Sie wussten nicht, was sie tun sollten. Die Eichhörnchen trauten sich nicht mehr auf die Bäume, die Hasen trauten sich nicht mehr auf die Felder und die Füchse streiften hungrig durch den Wald. Die fröhliche Stimmung war verflogen, und Angst herrschte im Wald.
Inzwischen kam auch der Winter. Das satte Grün des Sommers und die schönen Farben des Herbstes verblassten, und die Landschaft war mit einer dicken Schneedecke bedeckt. Die Äste der Bäume glänzten weiß vor Frost, und die Luft war frisch und prickelnd.

Die alte Eule beobachtete das Geschehen vom hohen Baum aus. Sie bemitleidete das Leid der Waldbewohner und beschloss, ihnen zu helfen. Sie rief die Tiere unter der großen Eiche zusammen und hörte sich ihre Klagen an. Die Eule gab ihnen einen weisen Rat: Sie mussten sich gegen den Bären zusammenschließen und ihn aus dem Wald vertreiben. Zuerst hatten die Tiere Angst, aber durch die Ermutigung der Eule beschlossen sie, zusammenzuhalten. Sie schmiedeten einen besonderen Plan, um den Bären zu besiegen.
Die Eule sagte ihnen, sie glaube, die größte Schwäche des Bären sei seine Eitelkeit. Er betrachtete oft sein dickes Fell und seinen kräftigen, muskulösen Körper in der spiegelnden Oberfläche des Sees. Diese Beobachtung brachte den Plan auf den Weg.

Die Eule schlug vor, auf der Oberfläche des zugefrorenen Sees aus Ästen und dichtem Moos eine Figur zu bauen, die wie ein anderer, größerer und schönerer Bär aussehen sollte. Sie würden genau davor ein Loch graben, das sie geschickt mit Ästen und Schnee bedecken würden, so dass es fast unmöglich zu bemerken wäre. Damit würden sie den ahnungslosen und eitlen Bären in eine Falle locken.
Den Waldbewohnern gefiel die Idee und sie machten sich sofort ans Werk. Schnell und geschickt formten sie die Figur des großen Bären aus dichtem Moos und sorgfältig ausgewählten Ästen, die sie aus dem ganzen Wald sammelten. Die Figur wurde so riesig, dass sogar die größten Bären sie beneidet hätten. Die Eule beobachtete den Bären genau, um die anderen zu warnen, falls er sich näherte. Die Äste wurden geschickt über dem Loch platziert, das mit Schnee bedeckt war, so dass die Falle vollständig in der Umgebung aufging.

Am nächsten Tag in der Dämmerung machte sich der Fuchs auf den Weg zur Bärenhöhle. Er machte absichtlich Lärm, um Aufmerksamkeit zu erregen.
"Wer wagt es, so einen Lärm zu machen?" - brüllte der Bär, als er wütend aus seiner Höhle stürzte.
"Hey du Bär!" - rief der Fuchs. - "Ich habe am See einen anderen Bären gesehen. Er schien größer und stärker als du zu sein, und sein Fell glänzte viel schöner."
"Unmöglich" - sagte der Bär wütend.
"Aber so ist es, sieh selbst!" - sagte der Fuchs selbstbewusst.
"Wo ist dieser Unglückliche?" - brüllte er und trottete bereits zum See.
Als er den See erreichte, war der Anblick des riesigen "Bären" wirklich beeindruckend. Zuerst stand er einfach da und betrachtete die Gestalt, dann stellte er sich auf zwei Beine, grunzte und näherte sich, um sie genauer zu betrachten. Als er jedoch das Loch erreichte, krachten die schneebedeckten Äste laut und der Bär fiel ins eisige Wasser.

Der Bär strampelte vergeblich, konnte aber aus dem eiskalten Wasser nicht herauskommen. Die Waldbewohner versammelten sich am Rand der Falle und beobachteten gemeinsam, wie der Riese im Wasser schlug. Sie boten ihm an, ihm zu helfen, aus der Falle zu kommen, aber nur unter einer Bedingung: Wenn er den Wald für immer verlässt und sie nie wieder verletzt. Der Bär stimmte zwar widerwillig zu, da er keine andere Wahl hatte. Die Tiere zogen den Bären mit dicken Ästen aus dem eiskalten Wasser. Der Bär rannte vor Scham sofort davon. Der Legende nach läuft er bis heute, weit weg von den eisigen Seen.